sprachkonstrukt.de

iTunes Match

Mittlerweile hat die Musikindustrie offenbar die Kurve gekriegt, seit April 2009 sind alle Titel im iTunes-Store DRM-frei, auch Amazons MP3-Store […]

Mittlerweile hat die Musikindustrie offenbar die Kurve gekriegt, seit April 2009 sind alle Titel im iTunes-Store DRM-frei, auch Amazons MP3-Store als zweiter „Big Player“ verzichtet auf DRM. Der Trend geht klar in Richtung Download, immer weniger CDs werden verkauft (und das ist meiner Meinung nach auch gut so!)

Ein weiterer Trend: die Cloud. Natürlich würde ich gerne unterwegs mal eben den einen Musiktitel runterladen, den ich zwar besitze, aber nicht auf dem iPhone dabei habe. Prinzipiell kein Problem – wenn der Titel bei Apple gekauft wurde. Musik aus anderen Quellen können aber logischerweise nicht einfach aus der Apple-Cloud geladen werden… oder können sie doch?

Apple ist klar, dass niemand seine komplette Musikbibliothek neu kauft. Genauso wissen sie wohl, dass in der Vergangenheit digitale Musik aus allen erdenklichen Quellen gezogen wurde und dass natürlich auch viele CDs digitalisiert wurden. Nun könnte Apple natürlich einfach die Musik, die aus anderen Quellen als dem iTunes Store in den Mediatheken landete, den Nutzern „schenken“.

Verrückte Idee? Ja. Und doch macht Apple mit iTunes Match genau das. Weil es die einzige Möglichkeit ist, ganze Mediatheken in die Cloud zu bringen. Und die Musikindustrie, mittlerweile ohnehin (zurecht) zur Marionette von Apple verkommen, macht mit. Zumindest in den USA, im Rest der Welt ist es vage angekündigt.

iTunes Match in Deutschland


Dank der GEMA werden wir in Deutschland aber die nächsten 35 Jahre sicher kein iTunes Match bekommen. Mit einer deutschen Apple ID gibt es kein iTunes Match. Nun kann man aber problemlos einen amerikanischen Apple-Store-Account anlegen, ein häufig genutzter Trick, um beispielsweise in den Genuss des HD-Film-Leihangebots des amerikanischen iTunes Store zu kommen. Ein solcher Account lässt sich über einen US-Proxy und beispielsweise eine amerikanische iTunes-Guthabenkarte einfach anlegen. So einfach ist es mit iTunes Match allerdings nicht:

Um iTunes Match für ein Jahr zu aktivieren, verlangt Apple eine Strafgebühr von $24.99 – was sich automatisch verlängert, wenn man iTunes Match am letzten Tag nicht wieder deaktiviert. Um sicherzustellen, dass das Geld auch reinkommt, setzt Apple für iTunes Match eine US-Kreditkarte zwingend voraus. Wer also Bekannte oder Freunde in Amerika hat, ist klar im Vorteil.
Bekanntermaßen bekommt in Amerika aber jeder eine Kreditkarte, und so ist das glücklicherweise kein wirkliches Problem. Natürlich gibt es einen Internetservice, der darauf spezialisiert ist: US Unlocked. Für weitere $10 bekommt man eine virtuelle amerikanische MasterCard sowie eine US-Adresse. Damit kann man dann nicht nur iTunes Match nutzen, sondern auch andernorts vom günstigen Dollar-Kurs profitieren: Pakete, die an die US-Adresse gehen, können automatisch weltweit weitergeleitet werden.

Für die Anmeldung wird eine amerikanische IP-Adresse benötigt, so etwas gibt es entweder kostenlos im Netz, kostenlos als lokalen Proxy in Form von Hotspot Shield oder ist ohnehin in Form eines kostenpflichtigen US-VPN (DreamVPN, blackVPN) z.B. um amerikanische Serien zu sehen schon vorhanden.
Die weitere Nutzung von iTunes Match funktioniert dann weltweit – auch in Deutschland kann so iTunes Match jetzt schon genutzt werden.

Und so funktioniert iTunes Match:

iTunes blendet ab sofort eine weitere Spalte ein, in der Wölkchen angezeigt werden. Empfehlenswert ist auch die Einblendung der Spalte „iCloud-Status“.

Match fängt dann umgehend an, die komplette Mediathek durchzuarbeiten. Bei meinen rund 3000 Titeln war das nach 10 Minuten erledigt. Etwas ernüchtert stellte ich dann fest, dass nur ca. 1600 Titel davon „gematched“ werden konnten. Titel von Bands, die nicht im iTunes-Store vertreten sind, stellten dabei zwar einen großen Anteil, allerdings auch z.B. zwei Titel mitten in einem Album, das ansonsten komplett gematched wurde. iTunes begann also, die 1400 verbliebenen Titel hochzuladen. Dank den ~30 MBit Upstream von BelWü dauerte das glücklicherweise nicht lange. Große Überraschung: Nach Abschluss von iTunes Match sind nur noch etwa 700 Titel den Status „übertragen“, der Rest wurde gematched. Offenbar findet also nach dem Upload noch ein genauerer Match statt. „Halb“ gematchte Alben habe ich jetzt kaum noch, lediglich z.B. ein Bonustrack fehlt manchmal noch. Der Rest scheint tatsächlich nur Musik zu sein, die nicht im iTunes Store verfügbar ist.

Die Magie fängt dann an, wenn man Titel aus der Mediathek löscht. Ungematchte Titel werden praktisch unverändert wieder heruntergeladen (in einem Testlauf war die heruntergeladene Datei nur wenige Byte größer als das gelöschte Original, offenbar Metadaten) – im Originalformat.
Gematchte Titel werden als 256 kbit/s AAC heruntergeladen – auch wenn das Original ein 128 kbit/s MP3 von sonstwo war. Interessant: als „Art“ zeigt iTunes dann nicht „Gekaufte AAC-Audiodatei“ an, wie bei gekaufter Musik üblich, sondern „Abgeglichene AAC-Audiodatei“. Offenbar wird also doch ein (derzeit nicht näher spezifizierbarer) Unterschied gemacht.
Natürlich lässt sich aber auch aus diesen AAC-Dateien eine MP3-Version für Nicht-Apple-MP3-Player erstellen.
Wie es sich mit alten DRM-Dateien verhält, kann ich leider nicht nachvollziehen, da ich so etwas nicht besitze.
Dateien, die eine Bitrate von 96 kbit/s oder weniger haben, werden nicht gematcht und nicht hochgeladen. Aber sowas wird wohl sowieso niemand hören wollen. Ebenso werden Dateien über 200 MB nicht hochgeladen. Dateien in Lossless-Formaten (ALAC, WAF, AIFF) werden, wenn sie nicht gematcht werden, vor dem hochladen in AAC transkodiert.
Alles in allem wird also 256 kbit/s AAC als der Standard angesehen. Extrem audiophile Menschen werden damit vielleicht ein Problem haben, andererseits dürften die meisten Leute ab Bitraten von 160 kbit/s ohnehin keinen Qualitätsverlust mehr hören. AAC ist für Apple-Geräte sicherlich das Format, das man haben will, da es besser ist als MP3. Und iTunes lässt ja notfalls jederzeit MP3s erstellen.

Außerdem ist iTunes Match auf 25.000 Titel beschränkt. Für sehr, sehr große Mediatheken ist es also nicht geeignet. Dennoch dürfte kaum jemand an diese Grenze stoßen.

Und iOS?

Aktiviert man am iPhone, iPod oder iPad iTunes Match, so wird erstmal die vorhandene Musik gelöscht. Anschließend wird die gesamte Mediathek angezeigt, nicht nur die zur Synchronisation ausgewählte. Die iTunes-Synchronisation bezüglich Musik ist ab dann hinfällig. Nun muss man also ersteinmal die gewünschte Musik wieder aus der iCloud ziehen – oder eben später, wenn man sie hören will. Allerdings ist es natürlich empfehlenswert, das im WLAN zu machen.
Podcasts, Hörbücher und Sprachmemos sind von iTunes Match ausgenommen, und werden weiterhin über iTunes synchronisiert (dank WiFi-Sync in iOS 5 aber längst nicht mehr so schmerzhaft). Genauso ist es mit allen Videogeschichten, auch Musikvideos: iTunes Match funktioniert nur mit reinen Audio-Inhalten.
Dank dem begrenzten Platz auf iOS-Geräten ist iTunes Match aber insgesamt auf jeden Fall eine Wohltat. Fehlt nur noch unbegrenztes UMTS.

Der Ablassbrief

Vielleicht ein Hauptgrund für viele iTunes-Match-Kunden: das Reinwaschen der Weste. iTunes Match für $25 kaufen, die gewachsene MP3-Mediathek matchen lassen, anschließend löschen und als „saubere“ – und legale – AAC-Datei wieder herunterladen.
Noch konnte niemand ausprobieren, was geschieht, wenn iTunes Match nach einem Jahr nicht erneuert wird. Derzeit deutet jedoch nichts darauf hin, dass gematchte, gelöschte, neu heruntergeladene Titel dann gelöscht würden. Nur neues Matchen sowie das Herunterladen von der Cloud dürfte dann nicht mehr funktionieren.

Eine „Musikflatrate“ ist iTunes Match übrigens nicht. Dreimal den iTunes-Vorschau-Loop mit GarageBand aufnehmen, die Metadaten angeben, Matchen und dann das Original runterladen funktioniert nicht. Es wird tatsächlich überprüft, ob das wirklich der Song ist, der in den Metadaten steht.