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Frieden in Stuttgart

Freuen wir uns auf einen neuen Bahnhof.

Nun haben wir die Volksabstimmung über Stuttgart 21 also hinter uns. Und, oh Wunder, die Mehrheit ist für das Projekt. Eine Mehrheit, die ich schon immer gefühlt habe, deren Existenz aber von den allwöchentlich die Stadt lautstark lahmlegenden Wutbürgern und der Presse stets angezweifelt wurde. Die rechtlich fragwürdige Volksabstimmung hat nun aber gezeigt: den Protestlern fehlt nicht nur landesweit, sondern auch in der Hauptstadt selbst die Mehrheit, für die sie ihrer Meinung nach immer sprachen schrien.

Ich unterstelle der grünen Regierung, mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. Eine Mehrheit gegen das Projekt wäre in rechtlichen Scherereien resultiert, eine Mehrheit dagegen ohne das 33%-Quorum hätte überhaupt nichts verändert. Jetzt ist den Gegnern der Wind in Form von Unterstützung aus dem Volk aus den Segeln genommen und es besteht die Chance auf Frieden in Stuttgart.

Und Baden-Württemberg hat eine erfolgreiche Volksabstimmung durchgeführt, was jetzt von allen Seiten als Erfolg gewertet wird, selbst von der CDU. Ich sehe direkte Demokratie zwar immer noch kritisch, siehe Schweiz, aber bin auch selbst etwas davon beeindruckt, dass die Gegner trotz lautem Auftreten und besserer Plakatkampagne keine Mehrheit sammeln konnten, sondern die Leute offenbar wirklich in der Sachfrage abstimmten.
Zumindest hoffe ich das. Leider wird das Thema von der Presse gerne überpolitisiert – so wurde gestern die „Wahlparty“ der Befürworter gezeigt, ausgerichtet von der CDU. Natürlich könnte die Mehrheit den CDU-Wählern der letzten Landtagswahl entsprechen (welche, obwohl in der Opposition, nach wie vor die stärkste Fraktion bildet). Allerdings ist dieses Bild falsch: ich kenne viele, die nie im Leben CDU wählen würden, und trotzdem gestern mit „Nein“ (also FÜR das Projekt) stimmten – weil das Projekt nichts mit einer politischen Gesinnung zu tun hat.

Nun kann die Bahn also endlich weiterbauen, und die Regierung kann die Baustelle endlich guten Gewissens beschützen. Dass es bei einer grünen Regierung zu einer Eskalation wie letzten Herbst kommt, ist hoffentlich unwahrscheinlich. Ohnehin hoffe ich, dass dem Protest nun neben der Legitimation auch bald die Masse fehlt. Sicher werden einige Gegner nie Ruhe geben, und ich bin mir sicher, dass auch die Eröffnung des neuen Bahnhofs noch von Protesten begleitet werden wird. Aber das Volk hat, wie es so schön heißt, gesprochen.

Bleibt die Kostenfrage. Das Projekt wird natürlich teurer werden. Jedes Bauprojekt wird am Ende teurer, als ursprünglich geplant. Aber das Projekt ist es wert. Ich bin gespannt, was die Zukunft bringt.
Wer immer noch Zweifel am Sinn hat – hier lang.

Freuen wir uns auf einen neuen Bahnhof.