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Tags

„Was sind eigentlich Tags?“, wurde ich neulich gefragt. Als ich über die Antwort nachdachte, fiel mir auf, dass der Begriff […]

„Was sind eigentlich Tags?“, wurde ich neulich gefragt. Als ich über die Antwort nachdachte, fiel mir auf, dass der Begriff als Web-2.0-Wort gar nicht so leicht definierbar ist. Mit Tags werden Dinge – Bilder, Texte, Webseiten, Personen – bezeichnet. Im Prinzip sind Tags also nichts anderes als Schlüsselwörter, die das Internet schon seit Urzeiten kennt – schließlich funktionierten frühe Suchmaschinen nur damit. Ein Webautor gibt seiner Seite Schlüsselwörter, die Suchmaschine liest diese aus und wenn eines dieser Schlüsselwörter gesucht wird, wird die betreffende Seite angezeigt.

Schlüsselwörter sind heute out – aber erleben im Web 2.0 ein glorreiches Revival als Tags. So werden bei „Social Bookmarking“ Websites von den Usern mit Tags beschrieben, zahlreiche Blogs unterstützen Tags und bei Flickr und ähnlichen Plattformen werden Fotos auf diese Weise sortiert.

Ein Nebeneffekt der Verwendung von Tags sind die hübschen „Tagclouds“, in denen Tags mit unterschiedlichen Schriftgrößen nach Relevanz geordnet werden. So etwas sieht nicht nur schick aus, sondern zeigt auch auf den ersten Blick z.B. bei einem Blog, welches die Hauptthemen sind.

Alles in allem sind Tags also wirklich eine hübsche Sache und der „Hype“ ist durchaus verständlich. Faszinierend an der Idee ist für mich, dass Informationen dadurch eher so wie im menschlichen Gehirn gefunden werden – durch Assoziationen. Dies ist wohl auch der Grund, warum es so praktisch ist. Und wenn man den Gedanken weiter spinnt, kann man sogar noch ein großes Problem der Menschheit lösen:

Alle verbreiteten Betriebssysteme organisieren gespeicherte Dateien in hierarchischen Ordnerstrukturen. Daran sind die Menschen zwar inzwischen gewöhnt, aber ideal ist das garantiert nicht. Kaum jemand hat alle seine Dateien sauber einsortiert, es gibt unzählige Ordner in denen die Dateien einfach gemischt herumliegen. Sucht man etwas, dauert das. Vielleicht kann man sich auch gar nicht mehr daran erinnern, wo man die betreffende Datei abgespeichert hat… und häufig verwendete Dateien sind trotzdem irgendwo in der Ordnerstruktur und nicht schnell zu finden. Wenn man dann noch nicht einmal den Dateinamen weiß, stehen die Chancen nicht schlecht, dass man die Datei erst nach langwierigem Suchen oder gar nicht findet.
Würde man nun alle Dateien per Tags organisieren, wäre dies sehr viel einfacher. Man gibt einfach direkt in ein Suchfeld ein, was man sucht, und anhand der Tags bekommt man direkt die passende Datei angezeigt. Auf dem Desktop gibt es eine Tagcloud, über die auf häufig verwendete Dateien schnell zugegriffen werden kann.

Der einzige Nachteil, den ich sehe, ist das Taggen. Schließlich müssen zu jeder Datei Tags abgespeichert werden – und das wird wohl am Menschen hängen bleiben. Bei Textdateien o.ä. ist das nicht weiter schwierig, statt einem Dateinamen gibt man eben ein paar Tags ein. Schwieriger ist es da schon bei Fotos, denn die kommen ungetaggt von der Kamera. Theoretisch müsste man also jedes Foto manuell taggen. Wenn man sich dann allerdings heute mal Flickr anschaut, scheint das ja gar nicht das Problem zu sein…

Prinzipiell können wir uns die Dateiorganisation der Zukunft sicher in irgendeiner Form mehr Tag-basiert vorstellen, auch wenn die Ordnerhierarchie wohl vorerst noch bestehen bleiben wird. Aber in den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich hier sicher etwas tun – man darf gespannt sein.