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Erleben, was verbindet. Nicht.

Als Kunde der deutschen Telekom bekommt man immer deutlicher zu spüren, dass die fetten Jahre vorbei sind. Ja, teilweise kommt […]

Als Kunde der deutschen Telekom bekommt man immer deutlicher zu spüren, dass die fetten Jahre vorbei sind. Ja, teilweise kommt man sich schon vor wie in einem Entwicklungsland, was Deutschland auch tatsächlich in einigen Bereichen ist. Zum Beispiel:

DSL

Die Telekom stellt die allermeisten Internet- und Telefonanschlüsse in Deutschland bereit. Ob man diese dann später mit einem Produkt der Konzernsparte T-Home oder eines anderen Providers nutzt, ist ja erstmal egal – zunächst muss die Telekom für die Verkabelung sorgen. Macht sie aber nicht.

Es wird zwar immer auf ländliche Gebiete verwiesen, doch auch einigermaßen gut entwickelte Gebiete, in denen es sogar UMTS-Mobilfunk gibt, müssen teilweise noch immer auf schnelle Internetanschlüsse verzichten (z.B. einige direkte Nachbargemeinden der Landeshauptstadt Stuttgart, mitten in einer der wirtschaftsstärksten Regionen Deutschlands).

Das Problem ist aber auch die Definition von „schnellem Internetanschluss“. Alles was über der ISDN-Geschwindigkeit von max. 128 KBit/s liegt, gilt bei der Telekom bereits als „Breitbandanschluss“. Ein Anschluss mit max. 384 KBit/s läuft als „DSL 1.000“ (was laut Definition eigentlich 1.024 KBit/s haben müsste) und wird meist in Form von Breitband-Paketen, die mindestens DSL 6.000 oder gar 16.000 versprechen, verkauft. Man kann sogar ein VDSL-Paket bestellen, das eine Datenrate jenseits der 50.000 verspricht, und bekommt dann zum gleichen Preis, wenn man ungünstig wohnt, nur 384, also weniger als 1% der versprochenen Leistung.

Während in den meisten Industrieländern (und auch schon in vielen Entwicklungsländern) längst Geschwindigkeiten um die 50 MBit/s oder höher üblich sind, ist die Deutsche Telekom der Meinung, dass die Nachfrage hierzulande zu gering sei und investiert daher nicht in den Ausbau der schnellen Glasfasernetze.

Eine Ausrede, die sehr gerne genutzt wird, zum Beispiel auch bei

IPv6

Bereits im Jahre 1995 wurde der Nachfolger unseres bekannten Internet-Protokolls IPv4 beschlossen. Dieser würde die meisten Probleme lösen, die das Internet, wie wir es kennen, hat. Abbrechende Skype-Gespräche, nicht weiter ladende YouTube-Videos, nicht funktionierende Dateitransfers per ICQ, unterbrochene Remotedesktopsitzungen, nicht funktionierende Online-Multiplayer-Spiele. Denn das Problem dabei ist, dass die weltweit verfügbaren IP-Adressen längst nicht mehr für alle ans Internet angeschlossene Geräte ausreicht (Computer, Laptops, Mobiltelefone, Radios, Kameras, Steckerleisten…).

Mit IPv6 wäre dieses Problem gelöst, jedes Gerät könnte eine weltweit eindeutige Adresse bekommen, Router, die per DHCP den lokalen Rechnern eigene Adressen zuweisen, würden unnötig. Warum also nicht nutzen?

Weil die Nachfrage laut Telekom praktisch gleich Null ist. Natürlich! Kaum jemand macht sich Gedanken darüber, über welches Protokoll er online kommt. Die Umstellung ist Sache der Provider, diese hätten seit Jahren daran arbeiten müssen, die bestehenden Anschlüsse sukzessive auf das neue Protokoll umzustellen. Macht aber keiner. Teilweise wird IPv6 als Zusatzoption angeboten – ganz offensichtlich ein Resultat von marktstrategischen Überlegungen irgendwelcher Betriebswirte, die keine Ahnung von der Technik haben, die sie verkaufen.

Dabei wäre es überhaupt kein großes Problem, die Kundenanschlüsse nach und nach umzustellen, ohne dass diese überhaupt etwas davon merken, beispielsweise führte der französische Provider „Free“ eine solche Umstellung für seine zwei Millionen Kunden in wenigen Wochen durch. Das erwartet niemand von der Telekom, da sie doch etwas mehr Anschlüsse hat, doch über die Jahre hätte zumindest damit angefangen werden müssen. Stattdessen ist IPv6 für die Telekom noch heute ein Fremdwort.

Mitte 2011 wird es keine freien IPv4 Adressen mehr geben. Bis dann sollte die Umstellung eigentlich fertiggestellt sein. Vermutlich wird die Telekom bis dahin nicht einmal damit angefangen haben.

Doch nicht nur hier fehlt dem rosa Riesen Weitsicht:

Das iPhone

Am 8. Juni stellte Apple das neueste iPhone vor. Neben HSDPA-Geschwindigkeit (die im T-Mobile Netz höchstens in Großstädten verfügbar ist) bietet es auch die Möglichkeit, Tethering zu betreiben, also die Datenverbindung des iPhone dazu zu nutzen, mit dem Laptop online zu gehen – überall und ohne WLAN.

Bei T-Mobile wird Tethering jedoch nicht möglich sein. Möglicherweise irgendwann per kostenpflichtiger Zusatzoption. Hallo? Die Tarife mit Datenflatrate kosten alle zwischen 40 und 120 Euro pro Monat. Da sollte es doch wohl auch möglich sein, die Internetverbindung so zu nutzen, wie man will? Dazu kommt noch, dass die Datenflatrate eigentlich keine ist, denn ab einem bestimmten Volumen wird die Geschwindigkeit gedrosselt.

Aber selbst mit dem iPhone kann man die Flatrate nicht nutzen, wenn man es nicht hat. So wie ich, wo mittlerweile seit fast 2 Wochen auf die Lieferung warte.

Auch hier hat die Telekom ihre Kunden mal wieder unterschätzt. Wie schon beim ersten und zweiten iPhone wurde von T-Mobile offenbar viel zu wenig bei Apple bestellt und daher können die bestellten Geräte nicht ausgeliefert werden. Und die vorhandenen Geräte wurden obendrein falsch verteilt: in den großen Elektronikmärkten und teilweise auch in den Telekom-Läden stapeln sich die Geräte teilweise. Doch da Bestandskunden dazu gezwungen wurden, per Hotline ihren Vertrag zu verlängern, können diese sich die Geräte nicht im Laden holen, sondern müssen warten, bis der Online-Versand der Telekom wieder genügend Geräte zugewiesen bekommen hat. Und diese scheinen dann auch zuerst Neukunden zu bekommen.

Fazit

Die Telekom kommt einfach nicht in die Gänge. Sie schaffen es über Jahre weder, ganz Deutschland an wirklich schnelles Internet anzuschließen (6.000+), noch, die dringend notwendige Umstellung auf IPv6 vorzunehmen.

Dazu kommt noch, dass man offenbar nicht in der Lage ist, das Angebot auf die Nachfrage abzustimmen. Doch eine solche Weitsicht ist leider im ganzen Konzern nicht zu finden. Dazu kommt noch, dass alles viel zu bürokratisiert ist und künstlich verkompliziert wird. Warum kann ich im T-Punkt keine Vertragsverlängerung vornehmen? Warum geht fast nie ein Umzug mit gleichzeitigem DSL-Providerwechsel gut? Warum kann ich mein iPhone nicht im T-Punkt abholen, anstatt eine halbe Ewigkeit auf die Zustellung zu warten?

Und wer jetzt schreit, man solle eben einen anderen Provider wählen, hat offenbar nicht viel Ahnung. Die meisten DSL-Provider sind von der Telekom abhängig und können zwar manchmal etwas niedrigere Preise bieten, aber nur selten höhere Geschwindigkeiten bieten. IPv6 gibt es in Deutschland bei keinem der bekannten Provider. Das iPhone lässt sich nur im Netz von T-Mobile vernünftig nutzen, da das D1-Netz immer noch die beste Netzabdeckung (v.a. im Datenbereich) bietet, D2 (Vodafone) bietet zum Beispiel in Bereichen, wo eigentlich UMTS verfügbar ist, kein EDGE als Fallback-Option an, und die E-Netze (O2 und E-Plus) sind nicht einmal in der Lage, deutschlandweit ein GSM-Netz aufzubauen, von einem Datennetz ganz zu schweigen.

Vielleicht sollten die Provider einfach die Einnahmen, die sie von den teilweise horrenden Grundgebühren bekommen, sinnvoll investieren, anstatt ständig Unsinn gratis rauszuhauen, den sowieso keiner braucht (Fußball-TV, Internet-Sicherheitspakete etc.). Konzentration auf die Kernkompetenzen, sozusagen. Leider scheint aber von Kompetenz nicht viel vorhanden zu sein.