Zivildienst
Wie einige sicher wissen, leiste ich zur Zeit meinen Zivildienst ab. Aus diesem Grund habe ich entschieden, hier in meinem […]
Wie einige sicher wissen, leiste ich zur Zeit meinen Zivildienst ab. Aus diesem Grund habe ich entschieden, hier in meinem Blog eine kleine Zivildienst-Serie zu starten, in der ich von meinen Erfahrungen und Erlebnissen berichte.
Zuerst einige allgemeine Gedanken zum Zivildienst: Für mich stand der Kriegsdienst bei der Bundeswehr nie zur Debatte. Auch den Zivildienst betrachte ich als Ungerechtigkeit gegenüber dem männlichen Teil der Bevölkerung – ganz unabhängig von der Notwendigkeit der Zivildienstleistenden für soziale Einrichtungen. Es kann einfach nicht sein, dass man aufgrund seines Geschlechts dazu gezwungen wird, entweder Töten zu lernen oder neun Monate zu arbeiten. Mir ist keine Zivildienststelle bekannt, die nicht von einer Frau genauso besetzt werden könnte wie von einem Mann. Warum also diese Ungerechtigkeit? Entweder für niemanden Zivildienst oder – besser – für alle. Im Zuge dessen könnte man dann auch gleich den Kriegsdienst abschaffen…
Jedenfalls betrachte ich den Zivildienst in der derzeitigen Form zwar als potentielle Chance, einen Einblick in das Berufsleben zu bekommen, aber dennoch als ungerecht und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Daher versuchte ich auch, möglichst weder Kriegs- noch Zivildienst leisten zu müssen. Und die Chancen dafür standen gar nicht schlecht…
Natürlich habe ich mich im Internet umgesehen, und stieß dabei unter anderem hierauf. Dort wird dargelegt, welche Chancen man hat, keinen Zivildienst leisten zu müssen: Kurz zusammengefasst kann man entweder gar nicht erst erfasst werden, sich bei der Musterung als untauglich herausstellen oder einfach nicht einberufen werden, weil von den Tauglichen scheinbar nur etwa 50% auch tatsächlich einberufen werden. Ich wollte natürlich zu den anderen 50% gehören.
Die Musterung
Begonnen hat alles mit einem Schreiben des Kreiswehrersatzamtes Stuttgart mit dem Betreff „Terminverlegung“, das ich kurz vor Silvester 2006 erhielt.
Darin wurde mir mitgeteilt, dass meine „Ladung zum 22.01.2007“ leider um zwei Tage verschoben werden müsste – WTF?
Offenbar wurde mir bereits eine Vorladung zur Musterung zugeschickt, nur kam diese nie bei mir an. Wäre also nicht der Arzt erkrankt, hätte ich eine Musterung gehabt, von der ich nie gewusst hätte, dass ich sie hatte. Jedenfalls hatte ich dann im März 2007 eine richtige Ladung und meine Musterung. Da ich naturgemäß eher unsportlich bin, rechnete ich mir ganz gute Chancen aus, ausgemustert zu werden. Weil ich aber gehört habe, dass die Wahrscheinlichkeit, ausgemustert zu werden, sinkt, wenn man von vornherein angibt, verweigern zu wollen („Bei der Bundeswehr können wir den zwar nicht gebrauchen, aber Zivildienst kann er schon leisten…“), hatte ich so meinen Spaß bei der Musterung. Für einen Tag legte ich jeglichen Stolz ab und wackelte ungewaschen, unrasiert, unausgeschlafen, dreckig, verrafft und mit Brille ins Kreiswehrersatzamt – und wollte natürlich unbedingt schießen lernen. Die Musterung selbst war nicht schlimm – natürlich habe ich beim Hör- und Sehtest wohl etwas weniger gesehen und gehört als normal, und die berüchtigte ärztliche Untersuchung erwies sich bis auf den Umstand, dass sämtliches Personal weiblich war, als harmlos. Schade war dann nur das Ergebnis: T2, also tauglich mit gewissen Einschränkungen und nicht T5 (untauglich). Außerdem sollte ich vier Tage später nochmal erscheinen, um die „Eignungsuntersuchung und Eignungsfeststellung“ über mich zu ergehen lassen. Wer gleich sagt, dass er verweigern möchte, muss das gar nicht machen – aber eigentlich war es ganz lustig. Es wurde versucht, herauszufinden, wie viel ich in der Birne habe und wofür ich mich bei der Bundeswehr eignen würde. Eigentlich musste ich nur diverse Logik- und Reaktionstests durchführen, bei denen ich mir recht viel Zeit lies und auch öfter mal „aus Versehen“ auf die falsche Antwort drückte. Das Ergebnis war wie erwartet sehr unterdurchschnittlich für einen Gymnasiasten.
An dieser Stelle möchte ich mich bei den wirklich netten Mitarbeitern bei der „EUF“ dafür entschuldigen, dass ich ihre kostbare Zeit geraubt habe – aber interessant, dass diese, im Vergleich zu denen bei der Musterung, stets freundlich waren. Jedenfalls ging ich dann nach Hause, duschte erstmal und hoffte, dass ich nie wieder etwas vom KWEA hören müsste, hatte ich doch keinen allzu geeigneten Eindruck gemacht.
Doch es sollte anders kommen…
Das Luftwaffenausbildungsregiment Mengen
Am Tag meines Deutsch-Abiturs freute ich mich über Post. Es war jedoch wider Erwarten kein Paket mit irgendeinem tollen Gadget, das ich mir bestellt habe, sondern ein Einschreiben, das ich garantiert nicht bestellt habe – die Einberufung zum neunmonatigen Grundwehrdienst ab Juli irgendwo in Bayern. Ich scheine ihnen also doch gefallen zu haben, und nun wollten sie mich haben. Sogar bei der Luftwaffe, hui. Das wäre ja noch der einzige Bereich, den ich mir überhaupt vorstellen könnte – aber auch nur zum Heli fliegen lernen.
Es war also Zeit, einen freundlichen Brief an das Kreiswehrersatzamt zu schreiben unter Berufung auf Artikel 4, Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Wenige Tage später bekam ich wieder eine Antwort, sie würden gerne wissen, warum ich verweigern möchte und hätten außerdem gerne einen tabellarischen Lebenslauf. Beziehungsweise nicht sie, das Kreiswehrersatzamt, wöllten dies, sondern ich solle das doch bitte direkt an das Bundesamt für Zivildienst in Köln schicken, da mein Fall nun dort betreut würde. Gesagt, getan. Was genau ich nach Köln geschickt habe, und wie die Reaktion darauf war, bald hier.