Ich glaube an das eBook
Durch die Veröffentlichung des neuen Kindle, dem eBook-Reader von Amazon, kam die Debatte um eBooks wieder ins Rollen. Dabei ist […]
Durch die Veröffentlichung des neuen Kindle, dem eBook-Reader von Amazon, kam die Debatte um eBooks wieder ins Rollen. Dabei ist es erstaunlich, was für ein Gegenwind dem Kindle da entgegenweht. Scheinbar wollen alle an ihren Büchern festhalten, es ist schließlich so toll, darin zu blättern, sie sich ins Regal zu stellen, das Cover anzusehen. Oder in einen Buchladen zu gehen und dort in den Büchern zu blättern.
Alles Argumente, die auf Gewohnheit basieren. Erinnern wir uns zurück: vor einigen Jahren war den Leuten noch völlig schleierhaft, wie sich jemals ein Modell wie der iTunes Store durchsetzen könnte. Schließlich will man doch seine CDs zuhause haben, sie ins Regal stellen, das Cover ansehen…
Und heute? Eben.
iTunes machts vor
Ich bin froh, keine CDs mehr zu besitzen. Letztlich stehen sie nur als Staubfänger im Regal. Aus einer CD-Sammlung, die früher mehrere Meter gefüllt hätte, wurde heute ein kleiner iPod. Oder gar nur ein kleiner Bereich auf der Festplatte des Home-Media-Servers. Dabei bietet eine ordentliche Musikverwaltungssoftware Möglichkeiten, die es bei CDs nie gab. Und wenn ich mag, kann ich mir auch alle Covers ansehen.
Warum soll das bei Büchern nicht auch so werden? Ist es nicht eine tolle Vorstellung, anstatt hunderter oder tausender verstaubter Bücher in meterlangen Regalen einfach eine digitale Sammlung zu haben, in der man zeit- und ortsunabhängig stöbern kann? Oder die Möglichkeit, mehrere Bücher nach bestimmten Begriffen zu durchsuchen?
Endlich keine mit Regalen vollgestellten Wohnungen mehr, keine schweren Taschen mit Fachbüchern mehr, kein aufwändiges Suchen nach bestimmten Stellen mehr.
Nicht zuletzt ist das ganze auch eine Frage von Nachhaltigkeit, Umweltschutz und verantwortungsvollem Umgang mit Ressourcen. Plastik (CDs) und Papier (Bücher) sind beides nicht die umweltfreundlichsten Rohstoffe.
Probleme
Natürlich gibt es noch einige Fragen zu klären, bevor wir das Buch endgültig in den Ruhezustand schicken. Was geschieht, wenn ein gekauftes eBook versehentlich gelöscht wird? Kein Problem, bei iTunes ist so etwas ja auch meist kein Problem mehr. Da ein elektronischer Kauf nachweisbar ist, ist es für den Anbieter kein Problem, bei einem Verlust einfach den Download erneut bereitzustellen. Wobei die Frage ist, ob so etwas überhaupt sein muss – wenn man ein Buch verliert, ersetzt es einem ja auch niemand.
Oder man denkt noch etwas weiter: in Zeiten von mobilem Breitbandinternet und omnipräsentem Onlinezugang könnte man sich auch vorstellen, dass eBooks „in der Wolke“ gespeichert sind, und sie bei Bedarf einfach schnell auf das jeweilige Lesegerät heruntergeladen werden.
Hier stellt sich das Problem des Datenschutzes und der Datensicherheit, schließlich begibt man sich in ein komplettes Abhängigkeitsverhältnis gegenüber dem Anbieter. Das ist das einzige, was es wirklich wert ist, im Bereich der eBook-Debatte diskutiert zu werden.
Was Amazon alles falsch macht
Wir sehen also: eigentlich sind eBooks super und haben durchaus das Potential, die iPod&iTunes-Erfolgsgeschichte zu wiederholen. Warum geht es aber dann zur Zeit so schleppend voran? Warum sitzen die Jugendlichen nicht mit ihren Kindles am Bahnhof und zeigen sich gegenseitig ihre coolen eBook-Reader? Warum verkaufen die Supermärkte noch keine Guthaben-Karten für digitale Buchläden? Warum hat Microsoft noch nicht erfolglos versucht, das eBook-Konzept zu kopieren?
Die Hauptschuld daran trägt wohl Amazon selbst. Zwar war der Onlineshop der erste, der überhaupt etwas in Richtung eBooks für den Massenmarkt unternahm, aber wie?
Das Lesegerät ist ersteinmal viel zu teuer. Sicher, die faszinierende e-paper-Technologie ist nicht billig. Aber mit so einem hohen Einstiegspreis kauft sich eben kaum jemand einen der Reader.
Vermarktet wird das eBook auch nicht richtig. In Deutschland ist der Amazon Kindle ja noch nicht einmal erhältlich, und in den USA geht der Verkauf auch eher langsam vonstatten. Es fehlt einfach der »Style«, den Apple dem iPod damals von Anfang an mit auf den Weg gegeben hatte.
Und nicht zuletzt fehlt einfach das Angebot an eBooks. Sind Bücher im herkömmlichen Umfang überhaupt noch zeitgemäß? Der digitale Markt könnte den Buchverlagen ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Wie wäre es mit Kurzgeschichten? Kurzen literarischen Abhandlungen? Essays? Kolumnen? Solche Textformen, die von den Buchverlagen immer zugunsten des 900 Seiten starken Romans vernachlässigt wurden, könnten als Download gut funktionieren.
Würde »Lesen« nicht mehr automatisch bedeuten, sich stundenlang mit einem Buch zurückzuziehen, sondern kurze, interessante Geschichten mal eben in der Bahn oder in der Kaffeepause auf dem eBook-Reader zu lesen, würden vielleicht auch wieder mehr Menschen lesen, vor allem auch jüngere.
Jedoch scheinen die Buchverlage den gleichen Fehler zu machen, wie vor ihnen die Musik- und Filmindustrie: sie verschlafen das digitale Zeitalter völlig und wundern sich dann irgendwann, wenn das Geld ausbleibt, weil die Menschen größtenteils eben doch mit der Zeit gehen. Auch wenn sie vielleicht einmal große, staubige Bücherregale gemocht haben.